Menschen mit Typ-1-Diabetes profitieren von einer sehr kohlenhydratarmen Ernährung, wie aus einer Online-Umfrage unter mehr als 300 Betroffenen hervorgeht. Daher sollte diese Diät nach Ansicht der Wissenschaftler nun systematischer erforscht werden.
Sehr kohlenhydratarme und ketogene Diäten werden zurzeit viel beachtet und können sowohl vorbeugend als auch bei bereits bestehenden Erkrankungen von Nutzen sein. [1] Auch bei Menschen mit Diabetes mellitus (DM) des Typs 1, wie sich aus der Analyse einer Online-Umfrage durch Forscher des Boston Children’s Hospital ergibt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Pediatrics veröffentlicht. [2]
Die Teilnehmer wurden über TypeOneGrit, eine Facebook-Gruppe für Menschen mit Typ-1-Diabetes, gewonnen. Sie alle folgten bereits der sehr kohlenhydratarmen Diät aus dem Buch Diabetes Solution von Richard Bernstein. Von den 493 Personen, die an der Umfrage teilgenommen haben, gaben mehr als 300 Befragte genügend Informationen an, um in die Analyse einbezogen werden zu können, davon 42 Prozent Kinder.
Im Durchschnitt verzehrten die Teilnehmer täglich 36 Gramm Kohlenhydrate, was annähernd fünf Prozent der pro Tag aufgenommenen Gesamtkalorienmenge entspricht. (Zum Vergleich: Die American Diabetes Association empfiehlt, dass etwa 45 Prozent der täglich aufgenommenen Kalorien aus Kohlenhydraten stammen sollten.)
Erfreuliche Messergebnisse
Die Befragten berichteten einen erfreulichen durchschnittlichen Hämoglobin-A1c-Wert* von 5,67 Prozent (der Grenzwert liegt bei 7 Prozent) und benötigten auch weniger Insulin (0,40 E/kg/Tag) als sonst im Durchschnitt erforderlich. Darüber hinaus schienen viele Teilnehmer auch – soweit diese Informationen verfügbar waren – niedrigere Triglyceridwerte und hohe HDL-Cholesterinwerte aufzuweisen.
Weniger diabetische Komplikationen
Häufig wird Menschen mit Typ-1-Diabetes davon abgeraten, Kohlenhydrate derart stark einzuschränken, da dies zu einem gefährlichen Absinken des Blutzuckerspiegels führen könnte. In dieser Studie gaben 1 Prozent der Befragten einen Krankenhausaufenthalt wegen Hypoglykämie an und 2 Prozent wegen Ketoazidose. Diese Zahlen, und das gilt auch für andere diabetische Komplikationen, lagen damit nach Angaben der Forscher sogar unter den bei Typ-1-Populationen im Allgemeinen zu beobachtenden Werten.
Über 80 Prozent zufrieden
Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben in der Umfrage an, mit ihrem Diabetesmanagement „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ zu sein. Auffallend war auch, dass ein Viertel der Befragten den behandelnden Arzt oder das betreuende Personal nicht über die eigene Diät oder die Diät des Kindes informierte. Der dafür genannte Grund bestand in der Angst vor einer möglicherweise ablehnenden Reaktion.
Die Forscher weisen jedoch nachdrücklich darauf hin, dass eine starke Kohlenhydrateinschränkung früher eine Standardstrategie zur Behandlung von Typ-1-Diabetes bildete. Erst seit der Einführung von Insulin geriet die kohlenhydratbeschränkte Diät völlig in Vergessenheit. [3]
Weitere Studie
Da es sich bei dieser Studie lediglich um eine Beobachtungsstudie handelte, sind die Wissenschaftler der Ansicht, dass die sehr kohlenhydratarme Diät weitergehende Untersuchung verdient. Sie schlagen eine randomisierte klinische Studie vor, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Diät bei Menschen mit DM des Typs 1 zu untersuchen. Gleichzeitig mahnen die Autoren zur Vorsicht und betonen, dass die Ergebnisse dieser Studie bisher noch keine Änderung der Behandlung von Diabetes rechtfertigen. Abschließend empfehlen sie allen Betroffenen, die ihre Ernährung umstellen möchten, dies nur in Absprache mit ihrem behandelnden Arzt zu tun.
* Durchschnittlicher Wert des Blutzuckerspiegels über mehrere Wochen.
Literatur
[1] Artikel van de site van Bonusan: Koolhydraatarme voeding remt neuro-inflammatie. https://www.bonusan.com/nl/nieuws/koolhydraatarme-voeding-remt-neuro-inflammatie/
[2] Belinda S. Lennerz et al, Management of Type 1 Diabetes With a Very Low–Carbohydrate Diet, Pediatrics (2018). DOI: 10.1542/peds.2017-3349
[3] Newburgh LH, Marsh PL. The use of a high fat diet in the treatment of diabetes mellitus. Arch Intern Med 1921; 27(6):699-705